Bericht Chile/Bolivien 2003

Teilnehmer: Steffen “Yeti” Abe, Matthias Guntau

Reiseablauf

01.08.03 Jena - Madrid

Nach der Grillfete am Vorabend bin ich vielleicht doch etwas spät aufgestanden. Es ist aber noch genügend Zeit für die letzten Aktivitäten vor der Abreise. Yeti kommt aus Australien nach Chile, und wir wollen uns in Santiago treffen. Er müßte von Brisbane aus schon gestartet sein und hat sich nicht noch mal per E-Mail gemeldet. Es scheint also alles normal zu laufen. Ich schicke noch eine Mail mit ein paar Gedanken für eine Studie an eine Jenaer Firma, die mir hoffentlich einen neuen Arbeitsplatz verschafft. Kurz vor halb 12 Uhr schnappe ich mir dann meine beiden Rucksäcke und den Sack mit den Eisenwaren (Pickel, Steigeisen, Stöcke) und fahre mit dem Bus zum Bahnhof. Die Züge in Jena und Weimar fahren halbwegs pünktlich ab, aber in Frankfurt habe ich Verspätung. Meinen Anschluß-ICE verpasse ich zwar, aber mit reichlich Zeitpuffer ist das hier kein Problem. Da auf dem Bahnsteig wegen Bauaktivitäten die Anzeige nicht arbeitet, bin ich mir nicht ganz sicher, im richtigen Ersatzzug zu sitzen. Der Schaffner kommt mit meinem Fly-and-Rail-Ticket, von dem mir die „Bordkarte“ übriggeblieben ist, nicht klar, läßt mich aber weiter­fahren. Im richtigen Zug sitze ich auch. Das Einchecken des Gepäcks klappt trotz der über 30 kg problemlos. Einer der Gepäck­kontrolleure sagt, daß er auch „freeclimbing“ betreibt, und ich muß ihm unsere Pläne erläutern. Die Säcke würden trotz der Zwischenlandung in Madrid automatisch nach Santiago gehen. Am LanChile-Schalter bekomme ich beide Bordkarten – jeweils für einen Fensterplatz rechts. Vielleicht kann ich vor der Landung in Santiago noch den Aconcagua fotografieren. In Frankfurt starten wir (fast) pünktlich mit einer A340 von LanChile. Der Flug ist recht angenehm, und nach zwei Stunden bin ich in Madrid. Draußen sind es 33°C, und der Zubringerfinger am Terminal ist auch nach Sonnenuntergang noch ein Glutofen. Beim Aussteigen bekomme ich eine Transit-Karte in die Hand gedrückt, die ich beim Wiedereinsteigen vorzeigen soll. Ich wandere etwas durch die Wartezone und stelle fest, daß ich in eine Iberia-Maschine umsteigen muß. Offenbar fliegen zwei Airbusse fast gleichzeitig nach Chile. Was wohl mit dem Gepäck passiert? Beim Warten spricht mich ein Chilene an – meine Plastikbergstiefel, die ich zur Gewichts­reduktion an den Füßen trage, sind eben auffällig. Es stellt sich heraus, daß er auch mal Bergsteiger war. Jetzt ist er Hubschrauberpilot und kennt auch die Gegend um den Parinacota, wo wir hinwollen. Lange vor dem Aufruf zum Boarding bildet sich eine lange Schlange, was völlig unnötig ist, da die Plätze ja schon reserviert sind. Von meinem Fensterplatz habe ich bei diesem Nachtflug natürlich größtenteils nichts. Der Abflug erfolgt etwas verspätet. Die Nullgradgrenze erreichen wir auch gegen Mitternacht erst bei ca. 4500 m. Kein Wunder also, daß die Alpen langsam wegbröckeln.

02.08.03 Madrid – Santiago de Chile

Über dem Atlantik gibt es gelegentlich ein paar turbulente Zonen, aber sonst ist der Flug recht ruhig. Irgendwann tauchen unten wieder Lichte von Ortschaften auf – wir sind also über Brasilien. Über Bord-Video läuft „X-Men 2“. Als das Frühstück serviert wird dämmert es draußen langsam. Über den Anden ist es dann hell genug zum Fotografieren. Außerdem beginnt der Sinkflug schon über Argentinien. Die höchsten Gipfel haben auch schon Sonne als wir an der Aconcagua-Südwand vorbeifliegen. In Santiago landen wir kurz vor 8 Uhr Ortszeit nach reichlich 13 Stunden Flug. Auf dem Flugplatz herrscht Bodennebel, und die Außentemperatur beträgt 8°C – hier ist es noch Winter. Jetzt interessiert es mich, wo mein Gepäck wirklich mitgeflogen ist. Meinen Rucksack habe ich recht schnell, aber auf den Sack mit den Eisgeräten muß ich warten. Als schließlich nur noch ein paar Koffer auf dem Band kreisen, wende ich mich an den LanChile-Schalter. Dort finden sie aber nichts im Computer. Da inzwischen die LanChile-Maschine abgefertigt wird, mit der ich nach Madrid geflogen war, lege ich mich hier noch mal auf die Lauer. Die Angestellten sind aber inzwischen auch hier dabei, das Band von herrenlosen Gepäckstücken leerzuräumen. Schließlich kommt aber ein Sack, der meinem verdächtig ähnlich sieht. Er ist es dann auch. Jetzt muß ich nur noch in die Stadt kommen und Yeti finden. Die ganze Prozedur hat sich fast eine Stunde hingezogen. Die Taxifahrerhorden lasse ich erst einmal stehen und frage nach den Bussen. Man schickt mich zu einem „Colectivo“. Dieses Sammeltaxi bringt mich zum Busbahnhof „Alameda“, wo ich mich mit Yeti verabredet habe. Zunächst ist er nicht zu finden - er kommt dann aber aus Richtung des benachbarten Hotels, das unter derselben Adresse läuft. Er berichtet, daß er noch keine Bustickets hat, weil sein Gepäck noch in Auckland liegt. Es wurde nicht automatisch umgeladen, als er von Australien dorthin geflogen war. Das hatte man ihm aber versprochen, und so ist er jetzt um 100 Dollar reicher, und wir können uns bis übermorgen Santiago angucken, da nicht jeden Tag eine Maschine von Neuseeland rüberfliegt. Erst mal fahren wir mit der Metro zur Jugendherberge, wo Yeti gestern abgestiegen war. Dort studieren wir erst mal eine Weile unser Karten- und Führermaterial. Yeti hatte bei den Militärgeographen eine 1:250000er Karte von Nordchile besorgt. Später gehen wir essen: Sandwich „Barros Jarpa“ – benannt nach einem chilenischen Maler (Lonely Planet) bzw. Außenminister (Sprachführer). Danach suchen wir das LanChile-Büro, um eventuell einen billigen Flug nach Arica zu bekommen. Die Adresse aus dem Lonely Planet finden wir zwar, aber das Büro ist nicht mehr dort. Bevor wir zur Jugendherberge zurückkehren besteigen wir noch den Cerro Santa Lucia und gucken uns Santiago von oben an. Die Sicht auf die Anden sei heute besser als gestern, sagt Yeti. Der Nebel vom Morgen hat sich jedenfalls gelichtet und es ist etwas warm geworden. Später sitzen wir mit den anderen Herbergsgästen vor dem Fernseher, bevor wir Abendbrot essen gehen. Wir landen in einer kleinen Kneipe, wo es Churrasco gibt (Sandwich mit Rindfleisch – Chile scheint kein Land für Vegetarier zu sein). Das Bier ist etwas zu kalt.

03.08.03 Santiago de Chile

Bedingt durch die Zeitverschiebung bin ich relativ früh wach – Yeti geht es andersrum. Auch sonst geht es im Zimmer relativ früh los. Zuerst steht einer auf, dessen Flug heute losgeht, danach stehen zwei Skifahrer auf.

Mit Yeti kann ich es ruhig angehen lassen. Zuerst essen wir in der Jugendherberge Frühstück (mit Rührei). Danach tun wir etwas für die kulturelle Bildung und besuchen der Museum für Vorkolumbianische Kultur. Später steigen wir auf den Cerro San Cristobal – offenbar ein beliebtes Naherholungsziel in Santiago. Die 250 Höhenmeter gehen wir natürlich zu Fuß, obwohl man auch mit einer Standseil- oder einer Schwebebahn hochfahren könnte. Durch das Künstlerviertel Barrio Bellavista laufen wir zurück in die Innenstadt. Nach einer kurzen Pause laufen wir zum Busbahnhof und kaufen für morgen Abend Fahrscheine mit Tur-Bus nach Arica (2 x 17000 Pesos, 1000 Pesos = 1,30 Euro). Da zwei Übernachtungen im Bus dabei sind, kostet das Ticket nur die Hälfte. Abfahrt ist 23:15 Uhr. Bis dahin sollte Yetis Gepäck eigentlich in Santiago sein. Zurück in die Jugendherberge fahren wir mit der Metro (310 Pesos) und gehen dann noch Abendbrot essen (mal wieder Sandwich - mit Fleisch und Bohnen).

04.08.03 Santiago de Chile

Eigentlich könnten wir noch etwas Kultur machen, aber am Montag haben auch hier die meisten Museen geschlossen. Also machen wir noch einen Spaziergang und essen etwas vorzeitig Mittag. Gegen 13 Uhr will Yeti wieder in der Jugendherberge sein, da das Gepäck aus Auckland kommen soll. Wir warten bis 15 Uhr, dann ruft Yeti am Flughafen an. LanChile meint, daß das Gepäck um 17:50 Uhr in der Jugendherberge sein soll. Wie sie zur Rush-hour die Zeit so genau einhalten wollen bleibt unklar. Wir haben aber jetzt Zeit, noch mal Kaffee trinken zu gehen. Inzwischen hat es angefangen zu regnen. Das Gepäck kommt nicht zur versprochenen Zeit. Nach weiteren Telefonaten entschließt sich Yeti gegen 20 Uhr, das Gepäck selbst vom Flughafen abzuholen. In Santiago sei es jedenfalls angekommen. Yeti ist erfolgreich und kommt nach zwei Stunden mit seinem Rucksack zurück. Inzwischen ist es aber zu spät, noch einkaufen zu gehen. So müssen wir die Lebensmittel für die Berge wohl in Arica besorgen. Wir fahren mit der Metro zum Busbahnhof „Alameda“ und essen dort noch Abendbrot mit Empanadas und Bier. Danach fahren wir los. Im Bus gibt es auch noch ein spartanisches Abendbrot mit Keksen und Kaffee.

05.08.03 Bus: La Serena – Copiapo – Chañaral - Antofagasta

Morgens wachen wir kurz vor La Serena auf. Es gibt wieder ein sparsames Busfrühstück, während die Landschaft draußen immer kahler wird. Die Atacama läßt grüßen. Der Videorekorder wird angeworfen; es laufen aber nur synchronisierte Filme.

Hinter Copiapo gibt es Mittag: Pollo (Huhn) mit Nudeln. Der Bus steigt immer höher in die Atacama auf, und jetzt wächst hier wirklich fast nichts mehr. Bis Antofagasta gibt auf 300 km mangels Ortschaften auch keinen Zwischenhalt mehr – das längste Teilstück auf der ca. 2000 km langen Strecke nach Arica. Endlich kündigen gehäuft auftretende Reklameschilder die Nähe von Chiles drittgrößter Stadt an, die wir kurz vor Sonnenuntergang erreichen. Im Busbahnhof von Tur-Bus essen wir erst mal Abendbrot – es gibt dann aber auch während der Fahrt noch was. Nach der Abfahrt in Antofagasta kreiselt der Bus noch eine Weile in der Stadt rum, um verschieden andere Busstationen anzufahren. Offenbar dient der Bus auch dem Pakettransport. Schließlich verlassen wir die Stadt auf der Küstenstraße, wobei wir den Wendekreis des Steinbocks überschreiten und in die Tropen einfahren. Hinter Tocopilla wird Nachtruhe ausgerufen.

06.08.03 Iquique – Arica - Putre

In Iquique erfolgt in der Nacht der letzte Halt, bevor wir gegen 6 Uhr morgens in Arica ankommen. Um die Zeit ist es hier noch dunkel, und es ist im Busbahnhof auch noch nicht viel los. Unser Gepäck lassen wir in der Aufbewahrung neben der Toilette. Um 6:45 Uhr fährt zwar ein Direktbus nach Putre ab. Das ist für uns aber zu früh, da wir noch Lebensmittel einkaufen müssen. Putre liegt auf etwa 3600 m Höhe günstig für die Akklimatisierung und bietet mit dem Cerro Taapacá (Nevados de Putre, 5800 m) einen durchaus ernstzunehmenden Gipfel. Wir kaufen uns Tickets für den Bus nach La Paz um 9:30 Uhr bei einer bolivianischen Busgesellschaft. Die fährt aber nur bis zum Abzweig von der Hauptstraße nach Putre, so daß wir vermutlich 5 km zu Fuß gehen müssen. Einen Supermercado können wir direkt neben dem Busbahnhof lokalisieren, während wir draußen sogar ein paar Tropfen abbekommen. Offenbar haben wir in dieser Stadt mit 2 mm Jahresniederschlag so was wie einen Wolkenbruch erlebt. Der Supermercado öffnet um 9 Uhr, und so sind wir die ersten Kunden, um rechtzeitig wieder am Bus zu sein. Als wir dort eintreffen, ist unser zwischenzeitlich am Schalter deponiertes Gepäck schon verladen. Bei immer noch bewölktem Himmel geht es los. Im Lluta-Tal können wir die Geoglyphen besichtigen – für ein Foto sitzen wir leider auf der falschen Seite. Bald löst sich die küstennahe Bewölkung auf, und die Tropensonne kann scheinen.

Den Abzweig nach Putre erreichen wir gegen 12 Uhr. Wir machen unser Gepäck marschfertig, treffen dann aber ein paar Belgier, die einen Kleinbus in den Ort bestellt haben. Dieser bringt dann auch uns nach Putre, wo wir im Hostal Cali absteigen. Es gibt hier einen bescheidenen Tourismus, der sich vor allem um Tierbeobachtung im angrenzenden Lauca-Nationalpark dreht. Wir gehen zu Mittag eine Suppe essen und machen dann einen kleinen Spaziergang auf einen Hügel vor dem Ort, was in der noch ungewohnten Höhe etwas anstrengt. Hierbei besichtigen wir schon mal unsere nächsten Ziele, den Cerro Taapacá und einen laut Karte 4900 m hohen Berg auf der anderen Seite der Fernstraße. Im letzten Jahr sind wir auch hier vorbeigefahren, haben die Berge aber wegen der Wolken nicht gesehen. Nach der Rückkehr in den Ort statten wir einem Lebensmittelladen einen Besuch ab und ruhen uns danach etwas aus. Die Versorgung im Ort ist ganz gut, nur hochwertigere Verpflegung (Trockenfutter etc.) sollte man von unten mitbringen. Der Bach am Hinterausgang der Herberge hat am Rand immer noch Eisspuren. Ansonsten steht seit dem Lluta-Tal keine Wolke mehr am Himmel. Yeti macht noch einen Spaziergang und erbeutet Postkarten. Dann machen wir noch gemeinsam einen Rundgang durch den Ort. Der Fahrer vom Kleinbus, der uns vom Abzweig abgeholt hatte, erzählt was von einem Permit für den Cerro Taapacá und daß man sich normalerweise zum Westsattel (4900 m) fahren läßt. Das war aber das einzige Mal, daß wir so was gehört haben. Für die Berge direkt an der Grenze, wie den Parinacota, mag das anders aussehen, aber auch dort ist das Gelände weitläufig… Ansonsten scheinen die Kneipen im Ort noch Siesta zu halten. Als wir es am Abend noch einmal probieren, ist wenigstens eine offen und mit Touristen besetzt. Die meisten von ihnen sind zur Vogelbeobachtung hier; Bergsteiger haben wir noch keine gesehen. Es gibt zum Abendbrot Vorsuppe und Spaghetti mit Fleisch. Yeti hat Kopfschmerzen und verzichtet auf die Spaghetti. Zum Schluß nehmen wir noch einen Coca-Tee, dem nachgesagt wird, daß er gegen die Höhenkrankheit hilft. Yeti geht es in der Nacht besser; bei mir stellen sich leichte Kopfschmerzen ein. Sie bleiben aber im Rahmen und die Aspirin in der Tasche.


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