Bericht Chile/Bolivien 2002

Teilnehmer: Matthias Guntau, Heimo Jahn, Heike Maskos, Lothar Mertink, Jana Szilagy, Thomas “Tovo” Voigt

Reiseablauf

24.02.02 Jena - Eschborn

Nachdem ich mich über das Internet ein letztes Mal über das Wetter in Santiago (30°C) und Atlanta (20°C am Montag bis 6°C am Mittwoch), unserem Flughafen für die Zwischenlandung, informiert habe, schnappe ich meine zwei Rucksäcke und marschiere zur Bushaltestelle. Im Bus stehen schon Jana und Tovo sowie Stefan, der ursprünglich auch mit auf die Tour kommen wollte. Er fährt mit in Richtung Frankfurt, muß aber im Rahmen seines neuen Jobs auf eine Konferenz. Schon im Bus fragt uns eine Frau, was wir mit unserer Ausrüstung vorhaben. Es ist Februar, und mit unseren Schalenbergstiefeln sehen wir aus wie Skifahrer - aber wir haben keine Skier dabei. Die Frage werden wir später noch ein paar Mal beantworten müssen. Im Zug ab Jena/West sollte eigentlich Heimo mit einem Wochenendticket sitzen. Er läßt sich aber auf dem Bahnhof nicht blicken. Den Zug können wir auch nicht ganz durchsuchen, da er aus mehreren Einheiten besteht. Beim nächsten Halt in Weimar können wir den ganzen Zug erforschen, und Stefan findet Heimo schließlich weiter vorn. Dann verabschiedet sich Stefan in einen ICE, während wir in Bummelzügen weiterfahren. Da das Umziehen mit unserem umfangreichen Gepäck etwas beschwerlich ist, fahren wir bis zum Umsteigen in Leinefelde weiterhin getrennt. Die Schaffnerin weiß inzwischen Bescheid. In Gotha gehe ich mal Heimo besuchen, an dem ich aber erst mal vorbeirenne, so daß er mir ein Bein stellen muß, um auf sich aufmerksam zu machen. Nach Leinefelde steigen wir in Kassel/Wilhelmshöhe ein zweites Mal um, bevor wir Frankfurt erreichen. Von hier aus geht es mit der S-Bahn zu Heike nach Eschborn. Noch in Frankfurt spricht uns ein Mann an, der auf unser Wochenendticket scharf ist. Er begleitet uns nach Eschborn, von wo aus er mit unserem Ticket wieder zurückfährt. Er will heute Abend noch nach Mannheim. Kurz vor 22 Uhr sind wir bei Heike. Jetzt fehlt nur noch Lothar, der aber morgen direkt zum Flughafen kommen wird. Da wir Heike ein bißchen „überfallen“ haben, lassen wir zum Abendbrot den Pizzadienst kommen. Reichlich spät gehen wir schlafen.

25.02.02 Eschborn - Atlanta

Nach einer etwas kurzen Nacht vertilgen wir die letzten Lebensmittelreste zum Frühstück und fahren zum Flughafen. Die erste S-Bahn verpassen wir zwar, aber wir haben genügend Zeit. Vor den Schaltern von Delta Airlines treffen wir dann auch Lothar. Er überreicht jedem ein T-Shirt mit Sajama-Bild. Jetzt müssen wir diesen Vulkan in Bolivien nur noch besteigen. Mit dem Gepäck und der Sicherheitskontrolle gibt es keine Probleme, und so heben wir kurz vor 14 Uhr mit einer Boeing 767 in Richtung Atlanta ab. Über den britischen Inseln hat die Luftstraße ein paar Schlaglöcher, bevor es ruhig wird. Gegen 1815 Uhr erreichen wir südlich von Grönland unseren nördlichsten Punkt (851 km/h, 9500 m, -44°C, 45 km/h Wind). Weiter südlich, an der amerikanischen Ostküste, ist die Außenluft deutlich kälter. Bis Atlanta braucht der Flieger fast 10 Stunden (ca. 7400 km Großkreis). Kurz vor 2330 Uhr MEZ oder 1730 Uhr Ortszeit setzt die Boeing zur Landung an, die im Gegensatz zum Flug ziemlich hart ausfällt. Nach dem ersten Aufsetzen macht der Flieger noch einen größeren Luftsprung, bevor er endgültig runterkracht. Dabei springen einige Gepäckfächer auf, die aber auch nicht gerade die stabilsten Schlösser haben. Im Flughafen müssen wir richtig auschecken, wobei es aber auch nach dem 11. September relativ locker zugeht. Eine Angestellte korrigiert schon in der Warteschlange die Formulare. Heike braucht etwas länger, weil sie mit dem Immigration Officer noch eine Weile über Biersorten plauscht. Die Zollkontrolle gibt sich mit unseren Angaben zufrieden, und wir schieben unser Gepäck zum Re-Checkin. Bei der Sicherheitskontrolle rufen unsere Bergstiefel wieder großes Interesse hervor. Ich brauche sie aber nicht, wie sonst immer, auszuziehen. Nur die Sandalenträger werden auf Maul- und Klauenseuche getestet. Danach hängen wir im Bistro ab und warten auf unseren Weiterflug. Gegen halb 9 Uhr bewegen wir uns zu unserem Gate. Es dauert aber noch eine Weile, bis jemand am dortigen Schalter erscheint. Drei Leute brauchen noch Bordkarten und der Rest einen Sitzplatz. Wir stellen uns an, und ich werde wegen irgend etwas ausgerufen. Als ich meine richtige Bordkarte habe, werde ich noch einmal gerufen. Es war aber nur eine zweite Kollegin am Schalter, die schon eine Bordkarte für mich fertig hatte. Mit einer halben Stunde Verspätung heben wir nach Chile ab. Es ist jetzt 2230 Uhr, also zu Hause halb 4 Uhr morgens. Nach dem “Abendbrot” schlafen wir entsprechend gut.

26.02.02 Atlanta - Santiago de Chile

Als sich der Flieger (wieder eine Boeing 767-300) Santiago nähert, gibt es Frühstück. Draußen sind schon die Berge der Anden zu sehen. Da wir aus Richtung Norden kommen, fliegen wir leider nicht am Aconcagua (höchster Berg Amerikas) vorbei; Heike und Lothar glauben aber, ihn identifiziert zu haben. Die Landung ist zwar besser als die in Atlanta, aber es springen wieder eine Reihe von Gepäckfächern auf. Um 915 Uhr (Sommerzeit = MEZ - 4 h), nach knapp neun Stunden Flugzeit, sind wir in Santiago de Chile. Die Grenzformalitäten verlaufen wieder problemlos. Draußen fangen uns die Taxifahrer ab. Wir werden uns mit dem Fahrer eines Kleinbus handelseinig, da der Preis zum Busbahnhof Alameda mit 4 US$ pro Nase nicht wesentlich über dem Bus+Metropreis liegt. Am Busbahnhof angekommen kaufen wir Bustickets nach Calama bei Pulman Bus, die geringfügig billiger waren als bei Tur-Bus (ca. 30 US$ Semi Cama = Liegesessel). Danach machen Heike, Lothar und ich einen Spaziergang, während die anderen das Gepäck bewachen. In einem Marktbistro essen wir Mittag: Pollo (Huhn) mit Reis und Pommes Frites. Dann kehren wir zum Busbahnhof zurück und bewachen das Gepäck. Gegen 16 Uhr begeben wir uns zum „Bahnsteig“ (In Chile ersetzt der Bus größtenteils die Eisenbahn). Dort steht schon ein Bus nach Calama, aber nicht unserer, sondern ein verspäteter. Unser Bus kommt dann auch, und wir starten pünktlich um 1615 Uhr. Als wir ein paar Bierbüchsen öffnen, gibt es etwas Ärger, da in Chile Alkohol in der öffentlichkeit verboten ist. Später gibt es im Bus Abendbrot mit Kaffee und Brötchen.

27.02.02 Antofagasta - Calama

Beim Aufwachen am frühen Morgen sind wir mitten in der Atacama-Wüste auf dem halben Wege zwischen Copiapo und Antofagasta. Wir bekommen ein Frühstück - wieder mit Kaffee und Brötchen - gereicht. Dann schauen wir uns die Wüste bzw. ein weiteres Video an. Heike lernt inzwischen, wie man mit einem Abacus Wurzeln zieht. Nachdem wir in der Atacama bis 2000 m erreicht hatten, sind wir in Antofagasta wieder auf Meeresspiegelhöhe. Dort am Pazifik ist wieder eine große Pause, in der wir uns zum Mittagessen ein paar Empanadas (Teigtaschen mit Fleischfüllung) holen. Nach einer halben Stunde geht es weiter und wieder hoch in Wüste. Der Trans-Atacama-Highway ist zwar asphaltiert, aber es zweigen viele unbefestigte Straßen ab. Außerdem gibt es viele Fahrspuren quer durchs Gelände. Entlang des Weges sieht man immer wieder die Hinterlassenschaften des Salpeter-Bergbaus, der sich schon längst auf das Kupfer umorientiert hat. Etwa um 15 Uhr sind wir in Calama. Wir ziehen gleich in das „Residecial Capri“ ein, das gleich in der Nähe liegt und laut „Lonely Planet“ mit 3000 Pesos am billigsten sein soll („but avoided by some travellers ...“). Nachdem wir unsere Rucksäcke untergestellt haben, ziehen wir in die Stadt, die trotz ihrer 100000 Einwohner relativ gut zu Fuß zu erkunden ist. Allerdings gibt es im Verwaltungszentrum von Chuquicamata, der größten Kupfermine der Welt (mit dem größten künstlichen Loch der Erde: 4,5x3 km2 und fast 1000 m tief), nicht viel zu erkunden. Am zentralen Platz vor der Kirche setzten wir uns kurz auf die Bänke. Plötzlich sind Jana, Tovo und Heimo verschwunden. So müssen wir die Stadt zu dritt weiter erforschen. In den Straßen findet Theater statt; es produzieren sich Jongleure und Pantomimen. Abendbrot essen wir in einem Amerikanischen Restaurant, nachdem die anderen Gaststätten leer, teuer oder anderweitig seltsam aussahen. Wir kaufen noch etwas Wein und laufen zurück ins Hotel. Dort sind die anderen auch inzwischen eingetroffen. Auf dem Dach des Hotels trinken wir noch etwas Rotwein und gehen dann schlafen.

28.02.2 Calama - San Pedro de Atacama

Die Busverbindung nach San Pedro hatten wir schon am Vortag erkundet und laufen nun mit unserem umfangreichen Gepäck zur Haltestelle von Buses Frontera. Die Tour nach San Pedro kostet 1300 Pesos und dauert knapp 2 Stunden. Unterwegs geht es in der Cordillera de la Sal bis 3370 m hoch, und es gibt gute Aussichten in die Salzflächen der Atacama und die weiter östlich gelegenen Vulkane. An einer besonders fotogenen Stelle hält der Fahrer (mit Poncho, Mütze und Panflöte vor der Brust) und kontrolliert die Fahrscheine. Wenig später sind wir in San Pedro (2450 m).

An der Plaza halten wir eine kurze Siesta. Heike und Jana holen Bier, das wir wegen des Alkoholverbotes aus Colabechern trinken. Dann gehen wir die örtlichen Zeltplätze inspizieren. Wir entscheiden uns für „Camping Puritama“ (oder „Puri“ - 3000 Pesos pro Tag). Nebenan gibt noch einen besseren, der aber voll ist. Hier bauen wir unsere Zelte auf und machen bei 28°C im Schatten Mittag. Später klappern wir die Reisebüros ab, um die Transportmöglichkeiten für unsere Akklimatisierungstouren und zum Vulkan Licancabur abzuchecken. Letzterer steht unübersehbar etwa 35 km entfernt im Osten. Es gibt zwar hier laut „Lonely Planet“ die größte Dichte an Reisebüros pro Einwohner in der Welt, aber auf Bergsteigerbedürfnisse ist wohl nur eines spezialisiert. Allerdings brauchen wir auch keinen Führer. Bei „Azimut 360 “ finden wir aber Kartenmaterial. Den Licancabur wollen wir eventuell im Anschluß an eine Mehrtagestour mit Jeeps zum Uyuni-Salzsee in Bolivien machen. Unsere erste Tour wollen wir übermorgen beginnen, wo wir uns nach einem Kurzbesuch der Tatio-Geysire (4300 m) im Gebiet der warmen Puritama-Quellen (3500 m) absetzten lassen wollen. Ein Taxi direkt zu den Puritama-Thermen sei nicht billiger, wurde uns gesagt, also können wir auch etwas Sightseeing machen. Mit Heike gehe ich noch kurz in ein Internet-Café, von denen es hier mindesten drei gibt, und setzte eine Positionsmeldung nach Hause ab. Als Betthupferl auf dem Zeltplatz gibt es noch etwas (aus Calama mitgebrachten) Rotwein.

01.03.02 San Pedro de Atacama

Gegen halb 8 Uhr stehen wir auf. Draußen sind es 11°C. Nach dem Frühstück brechen wir zu einem Spaziergang ins Valle de la Muerte (Tal des Todes) auf. Wir verbringen viel Zeit mit dem Fotografieren der Berge und salziger Betten ausgetrockneter Flüsse. Im Tal selbst wird es Heimo zu langsam, und er verschwindet nach vorn. Tovo hält Anschluß nach hinten während ich versuche, Heimo noch zu erwischen. An einer Weggabelung in der an Kleckerburgen erinnernden Landschaft (mit Pfeil von Heimo (?)) warte ich eine Weile, bevor ich vorsichtshalber noch mal umdrehe. Ich treffe Tovo, der meint, daß die anderen Gipskristalle sammeln. Er wartet dann an der Weggabelung, während ich weiter hinter Heimo aufsteige. Bald komme ich aus dem Canyon heraus und in ein Gebiet mit Sandhängen, wo sich „Snow“boarder austoben. Nach einem langgezogenen, teilweise sandigen Anstieg erreicht man einen kleinen Paß (2625 m). Auf einem kleinen Felsvorsprung oberhalb warte ich auf die anderen, die ich weit unten kommen sehe. Von Heimo fehlt allerdings jede Spur.

Auf der anderen Seite vom Paß ist die Asphaltstraße zu sehen, aber der Fahrweg über unseren Paß macht einen zu großen Umweg. Wir suchen uns eine Abkürzung über eine weitläufige Kuppe. Plötzlich taucht Heimo auf dem Felsvorsprung auf, wo ich gerade gewartet hatte. Wir warten noch bis er wieder auf dem Weg ist. Er kommt aber nicht bei uns an. Ich gehe noch mal um die Wegbiegungen gucken, aber Heimo ist verschwunden. Entweder ist er außerhalb unseres Sichtfeldes wieder hochgestiegen, oder er läuft durch das Tal wieder zurück. Wir finden einen relativ guten Weg zur Asphaltstraße. Sollte Heimo eine andere Abkürzung probieren, könnte er in dem steilen Lockermaterial in schwieriges Gelände gelangen. Die Straße zieht sich hin, zumal die Sonne inzwischen fast im Zenit steht - immerhin sind wir in den Tropen. Nach insgesamt knapp 5 Stunden sind wir wieder auf dem Zeltplatz. Heimo ist auch da - er war durchs Tal zurückgelaufen. Nach einer kurzen Erfrischungspause (bei 27°C) gehen wir essen und rücken in die Bar La Casona ein, wo es für ca. 3500 Pesos ein reichhaltiges Mahl gibt. Heike, die am besten spanisch kann, fragt, ob wir statt der Standard-Rockmusik etwas südamerikanisches hören können, was uns ein paar Pluspunkte beim Personal einbringt. Es wird „Los Jaivos“ aufgelegt. Heike, Lothar und ich bleiben noch etwas in der Kneipe, während die anderen zum Verdauen auf den Zeltplatz gehen. Später (fast zu spät) gehen wir unsere Tour für die nächsten Tage einsteuern. Bei „Cosmos Andinos“, wo wir schon eine Vorabsprache gemacht hatten, buchen wir eine Tour zu den Tatio-Geysiren. Auf dem Rückweg wollen wir uns an den warmen Puritama-Quellen absetzen lassen, um von dort aus unsere Akklimatisierung voranzutreiben. Dann kaufen wir noch Lebensmittel und Benzin für die Kocher ein. Den Teil der Ausrüstung, den wir für die Tour nicht brauchen - wir wollen im wesentlichen wandern - lassen wir in zwei Säcken auf dem Zeltplatz. Beim Abendbrot schüttet sich Tovo heißes Wasser über den Fuß, worauf sich eine große Blase bildet. Vor dem kochend heißen Wasser der Geysire hat uns der Reiseveranstalter gewarnt - davor nicht.

02.03.02 San Pedro - Tatio-Geysire - Baños de Puritama

Morgens um 3 Uhr stehen wir nach einer ziemlich lauten Nacht auf. Die nächste im Gelände wird sicherlich ruhiger. Wir packen unser Zeug zusammen und schaffen es vor das Tor. Kurz nach 4 Uhr kommt unser Kleinbus, und nach ein paar Minuten sind wir unterwegs. Die Geysire sollen bei Sonnenaufgang am schönsten sein - deshalb der frühe Aufbruch. Von San Pedro aus setzt sich eine ganze Karawane in Bewegung. Zu den Tatio-Geysiren sind es 86 km, größtenteils über Waschbrettpisten bis in Höhen von 4500 m. Gegen 645 Uhr sind wir in einem weitläufigen Kessel auf etwa 4300 m Meeresspiegelhöhe am Ziel. Richtige Ausbrüche beobachten wir zwar nicht, aber die Dampfschwaden und das blubbernde Heißwasser sind trotzdem beeindruckend. Wir laufen das Geysirfeld einmal ab und besichtigen auch das Warmwasserbad. Zum Baden hat aber bei Lufttemperaturen knapp über dem Gefrierpunkt keiner Lust. An einigen Stellen klingt es unter den Füßen verdächtig hohl. Tovo hat seine Verbrühung soweit verarztet, daß er ganz gut laufen kann. Als gegen 8 Uhr die Sonne rauskommt, frühstücken wir auf Kosten des Veranstalters. Dann geht es auch schon wieder zurück.

Auf dem Weg übers Altiplano beobachten wir - jetzt bei Tageslicht - einen Atacama-Fuchs, ein Vizcacha (Pfeifhase - der aber nicht pfeifen wollte), Enten, Ñandus (der amerikanische Strauß) und jede Menge Vicuñas (eine wildlebende Kamelart). Das beste Auge hat der Fahrer, obwohl er auf der unbefestigten Straße ständig die Spur optimieren muß. Die Nañdus entdeckt allerdings Heike. In der Ferne raucht der Putana (5890 m). Kurz hinter dem offiziellen Abzweig zu den Puritama-Thermen (privat und teuer, was zu Protesten der ortsansässigen Bevölkerung geführt hat) biegt der Fahrer ab und setzt uns bei einer verlassenen Schäferei auf etwa 3500 m ab. 20 m weiter unten gibt es einen Fluß, aber der Fahrer meint, das Wasser wäre ungenießbar, weil zu salzig. Zumindest würde es nicht jeder vertragen. Das wäre unschön, weil wir praktisch nur das Wasser in unseren Trinkflaschen mithaben. Bis morgen müßte es aber gehen, zumal die Straße gleich nebenan verläuft. Bis San Pedro sind es 27 km Luftlinie. Heimo und Tovo prüfen das Flußwasser, während unser Kleinbus davonfährt. Das Wasser ist in der Tat etwas salzig (und warm), aber offenbar genießbar. Wir kochen einen Tee, den wir vertragen, und reparieren die Pumpe von Heikes Benzinkocher, in der sich ein Filter verklemmt hatte. Eigentlich wollten wir den Fluß entlang in Richtung des Vulkans Sairecabur (5971 m) aufsteigen, aber unser Fluß entspringt nur ein kurzes Stück oberhalb unseres Lagers. Wir werden wohl die Gegend erkunden müssen, ob wir einen Fluß finden, der vom Vulkan herunterkommt. Da es früher Nachmittag ist, halten wir nach einem kleinen Mittagessen erst mal Siesta. Unser Quartier werden wir in ein paar Boofen auf halber Hanghöhe aufschlagen. Heimo wird es zu langweilig, und er geht schon mal auf Erkundung. Später am Nachmittag verdichtet sich die Bewölkung. Jana und Tovo brechen auch zu einer Erkundungstour auf. Gegen 17 Uhr schreiben Heike, Lothar und ich einen Zettel, daß wir auch mal einen Ausflug machen und wohin wir gehen wollen. Da hören wir irgendwelche Rufe aus dem Tal, das zu den offiziellen (teuren) Thermen führt. Ich schaue mal nach, und sehe zwei Leute relativ weit entfernt aus dem Tal aufsteigen. Sie machen nicht den Eindruck, in einer Notlage zu sein. Vorsichtshalber bleiben wir im Lager - bis auf Lothar, der sich von einem Berg oberhalb der Schäferei einen Überblick verschafft. Ich sehe die Leute noch einmal, wie sie in Richtung Straße bzw. Lager laufen. Später kann ich dann erkennen, daß es drei sind. Jana und Tovo haben Heimo getroffen und kehren von oben zur Boofe zurück. Der Lärm kam möglicherweise von einer chilenischen Familie, die unten zum Fluß baden kommen und den Kindern Schwimmunterricht erteilen. Inzwischen tröpfelt es auch immer wieder mal. Regen kann man es nicht nennen, aber wir überlegen uns, ob unsere Boofen hinreichend regendicht sind. Das Tröpfeln hört aber wieder auf. Es hat wohl mit der Tagesthermik im sogenannten Altiplano-Winter zu tun, denn eigentlich sind wir zu einer ungünstigen Zeit hergefahren. Weiter östlich, an den Vulkanen, hatten wir schon von San Pedro aus Regenschwaden beobachtet. Später am Abend reißt die Bewölkung wieder auf, und nachts kann man einen schönen Sternenhimmel bewundern - inklusive der Großen Magellanschen Wolke.

03.03.02 Baños de Puritama

Heute morgen wache ich mit Kopfschmerzen auf. Gestern abend hatte ich prophylaktisch eine Aspirin eingenommen, die mir eine trotzdem erholsame Nacht beschert hat. Wir stehen spät auf - außer Heike und Lothar, die schon baden waren. Nach dem Frühstück gehen wir auf Erkundung: Heike und Heimo untersuchen die Straße bergauf, während Lothar und ich einen Canyon, der die Fortsetzung des Tals mit unserem Warmwasserfluß darstellt. Wir versuchen, Wasserstellen zu finden, die näher an den Bergen oder zumindest höher gelegen sind. 19 Uhr wollen wir spätestens wieder zurück sein. Tovo geht es nicht gut, und er bleibt mit Jana im Lager. Wir laufen gemeinsam auf der Straße in Richtung der Geysire (Norden) bis zum offiziellen Abzweig zu den Thermen bevor wir uns trennen. Lothar und ich queren zwei Schuttgrate und folgen dann dem Canyon am (orog.) linken oberen Rand. Der Himmel ist meist bewölkt, so daß wir nicht allzu sehr in der Sonne braten. Da noch dazu ein leichter Wind weht, ist das Laufen ganz angenehm. In den Bergen weiter östlich hängen aber schwere Regenwolken. Der Canyon ist am Grund fast immer grün, aber nur abschnittsweise ist fließendes Wasser zu sehen bzw. zu hören. Um dort heranzukommen, müßte man aber 50 m abklettern. Wir gehen weiter und versuchen, eine Quelle oder eine günstige Abstiegsmöglichkeit zu finden. Der Canyon bleibt aber tief und ist weiter oben auch wieder trocken. Auch sonst zieht er sich parallel zu den höheren Regionen hin, von denen er durch Blockhalden (alter Lavastrom) getrennt ist. Wir überlegen, ob wir über die Straße zurücklaufen sollen, die etwa 2,5 km entfernt verläuft. Da wir den Weg nicht kennen - er dürfte über den Schutt eher beschwerlich sein - gehen wir doch so zurück, wie wir gekommen sind. Vorher besteigen wir noch eine Blockhalde, von wo aus wir einen guten Überblick über das Vorland haben, aber auch keine neuen Erkenntnisse gewinnen können. Auf dem Rückweg fängt es an zu tröpfeln, und später regnet es auch etwas. Wir verpassen den Übergang zur Straße und landen direkt an den offiziellen Puritama-Thermen. Dort sind wir schon in unserem Tal, denn unser warmer Fluß ist der Abfluß der Bäder, die im Flußbett angelegt sind. Wir durchqueren das Gelände der Bäder und sehen schon Jana und Tovo, die an der Schäferei auf die Rückkehrer warten. Kurz nach 19 Uhr sind wir wieder im Lager.

Heike und Heimo kommen eine knappe Stunde später. Sie haben auch keine sinnvolle Wasserquellen gefunden. Heike macht den Vorschlag, morgen nach dem Mittagessen 8-10 km die Straße entlang aufzusteigen und dabei Wasser für einen Tag mitzunehmen. Oben könnte man weitersuchen und bei einem Mißerfolg nach San Pedro zurücktrampen.

04.03.02 Baños de Puritama - Regenlager

Am Vormittag ist erst mal Ausruhen angesagt. Das Mittagessen soll noch hier unten stattfinden, damit wir das Wasser dafür nicht schleppen brauchen. Vor dem Frühstück gehe ich auch mal baden und aktualisiere dann das Tagebuch. Zu Mittag essen wir diesmal früh - also wirklich mittags - und starten gegen 15 Uhr mit vollem Gepäck. Wir haben kaum die Straße erreicht, als es anfängt zu tröpfeln. Der Himmel in Zielrichtung sieht auch nicht gut aus. Aus der Ferne ist Donnergrollen zu hören. Das Tröpfeln hört aber wieder auf, und bei der ersten Pause (3800 m) ziehe ich die Regenjacke wieder aus. Die Regenpause währt aber nicht lange, und bald fängt es an, richtig zu regnen. Nach etwa 8 km kommt eine Zeltmöglichkeit, die Heike gestern auskundschaftet hatte. Hier schlagen wir auf etwa 4100 m eilig unsere Zelte auf. Eigentlich wollten wir noch weitergehen, aber wir haben Angst um unsere Rucksackinhalte. Zumindest die Hosen sind gut durchgeweicht. Ich bin der einzige ohne Regenhülle für den Rucksack, aber es scheint nicht viel Feuchtigkeit eingedrungen zu sein. Trotzdem herrscht im Zelt eine klamme Atmosphäre. Wir kriechen in die Schlafsäcke (halbwegs trocken) und wärmen uns wieder auf. Auf das Abendbrot wird verzichtet, und wir gehen nahtlos zur Nachtruhe über. Nach Sonnenuntergang hört es auf zu regnen, und irgendwann gibt es sogar einen klaren Sternenhimmel.


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