Bericht Chile/Bolivien 2002, Teil 2

05.03.02 Regenlager

Gegen 5 Uhr fährt die Autokolonne zu den Tatio-Geysiren durch, dann herrscht wieder Ruhe. Um 830 Uhr kommt die Sonne über den Berg, und wir können ans Aufstehen und Sachentrocknen denken. Die Tropensonne leistet dann auch gute Arbeit, und gegen 12 Uhr, nach dem Frühstück, rüsten wir für ein paar Ausflüge. Morgen wollen wir auf jeden Fall nach San Pedro zurück, deshalb können wir uns extensives Wassersuchen sparen. Jana und Tovo wollen eine verlassene Bergarbeitersiedlung untersuchen und wir anderen einen Berg im Nordwesten besteigen.

Heimo dauert die Vorbereitung zu lange, und er marschiert allein los. Mit Heike und Lothar suchen wir uns dann selbst einen Weg über die Steppe zum Einstieg. Ich bin bald nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee war, mit Sandalen zu starten (nur Lothar hat Bergstiefel an). Außerdem entwickeln sich einige kräftige Quellwolken, auch wenn das Wetter besser aussieht als gestern. Vor der letzten Schlucht vor dem Berg kehre ich um - Heike und Lothar gehen noch weiter. So bin ich relativ früh wieder im Lager an der Straße. Ich überlege, ob ich vielleicht etwas übervorsichtig war, aber mir war halt so. Der Berg ist inklusive Anmarsch recht weitläufig. Mit dem Passieren der letzten Schlucht müßten die Anmarschprobleme aber gelöst sein. Am späteren Nachmittag brauen sich tatsächlich ein paar Gewitter zusammen - nicht nur an den Bergen sondern auch über dem Vorland. Letzteres kommt auf das Lager zu, zieht aber vorbei, nachdem es ein paar große Tropfen auf die Zelte geschickt hat. An den höheren Bergen grummelt es weiter, wobei der Berg, wo Heimo, Heike und Lothar unterwegs sind, weitgehend frei von Gewitterwolken zu sein scheint. Kurz nach 18 Uhr kommen Jana und Tovo im Getröpfel des nahen Gewitters zurück. Sie waren auf 4800 m und haben ihre Bergarbeitersiedlung besichtigt. Auch Heimo, der gegen 19 Uhr eintrifft, hat eine Siedlung gefunden. Er ist einen direkteren Weg zum Berg gegangen als wir. Am Gipfel war er auch und hat im Abstieg Heike und Lothar getroffen. Sie müßten etwa eine Stunde nach ihm zurück sein. Um 20 Uhr gehen Jana und Tovo los, um sich den Sonnenuntergang von ein paar nahegelegenen Felsen aus zu betrachten. Die Straße beobachten wir weiter, über die Heike und Lothar zurückkommen müßten. Irgendwann sehe ich zwei Silhouetten auftauchen und werfe den Kocher für den Tee an. Es kommt aber niemand. Wahrscheinlich habe ich nur Jana und Tovo gesehen, die ihren Ausguck für einen Spaziergang verlassen haben. Halb 9 Uhr wird es dunkel, und Heike und Lothar sind immer noch nicht da. Stirnlampen haben sie aber mit, und auf der Straße ist der Weg nicht zu verfehlen. Allerdings hat ein Gewitter auch Heimos Schritte beschleunigt - am Berg muß doch was los gewesen sein. Gegen 21 Uhr geht Heimo noch mal gucken und kommt lange nicht wieder. Wir füllen den in der Zwischenzeit gekochten Tee in Heimos Thermosflasche, und ich verziehe mich ins Zelt. Gegen halb 10 Uhr höre ich draußen Schritte und schaue raus. Es sind tatsächlich drei Lampen zu sehen. Heike und Lothar sind in das Gewitter geraten. Ein Blitz hat Lothar nur knapp verfehlt, worauf sie erst mal unter Felsen Schutz gesucht haben. Wir kochen noch etwas neuen Tee und Suppe und gehen dann schlafen.

06.03.02 Regenlager - San Pedro

Heute wollen wir nach San Pedro zurücktrampen und stehen deshalb etwas früher auf. Am frühen Morgen, so gegen 4-5 Uhr sind etwa 10 Autos in Richtung der Tatio-Geysire durchgefahren. Gestern waren aber weniger Fahrzeuge dieselbe Strecke wieder zurückgefahren, so daß wir alle Möglichkeiten nutzen müssen wegzukommen. Wir sind ja auch sechs Leute mit viel Gepäck. Etwa um halb 10 Uhr sind wir fertig und beziehen eine zum Trampen günstige Position ein Stück die Straße bergauf. Die ersten beiden Jeeps fahren durch. Dann hält ein Kleinbus, der voll ist, dessen Fahrer aber auf einen zweiten verweist, der gleich kommen soll. Dieser kommt dann auch bald, fährt aber erst mal nur bis zu den Puritama-Thermen. Zwei Leute können aber erst mal mit, und Jana und Tovo steigen ein. Wir restlichen vier entschließen uns, in Richtung der Thermen zu laufen. Von dort aus dürften die Trampmöglichkeiten nach San Pedro besser sein, da manche nur bis dorthin fahren. Wir haben unseren Zeltplatz gerade passiert, als ein weiterer Kleinbus hält. Dieser ist zwar auch voll besetzt, aber der Fahrer macht uns den Vorschlag, für 10000 Pesos pro Nase noch mal zurückzukommen. Wir willigen ein und zahlen 20000 Pesos schon mal an. Immerhin ist es schon Mittag geworden, und wie viele Autos noch kommen ist ungewiß. Die Passagiere meinen, der Fahrer wäre zuverlässig, und sie würden ihn auch gleich wieder zurückschicken. Wir warten auf einem nahegelegenen Aussichtsplatz und holen erst mal das Frühstück nach. Wir sitzen dort noch nicht lange, als von oben ein richtiger Bus kommt, in dem wir alle Platz gefunden hätten. Das wäre vermutlich billiger und schneller gewesen, aber wir haben ja schon eine Anzahlung geleistet. Das ist jetzt Pech, aber es war schon vernünftig, nicht zu wählerisch zu sein. Unser Kleinbus ist pünktlich, und um 14 Uhr sind wir unterwegs nach San Pedro. Jana und Tovo sehen wir nicht an den Puritama-Thermen - sie müssen also weitergefahren sein. Oberhalb unseres alten Lagers hält der Fahrer noch mal, und der Fahrer zeigt uns einen Riesenkaktus (cactus atacamensis), der 5 m hoch ist. Er soll 50 Liter Wasser gespeichert haben und 10 cm pro Jahr wachsen, also 50 Jahre alt sein. Das letzte Stück vor San Pedro ist eine öde Strecke durch die Wüste, das zu Fuß ziemlich unangenehm sein dürfte. Gegen 16 Uhr sind wir auf dem Zeltplatz und finden Tovos Zelt. Wir bauen unsere beiden weiteren Zelte auf, und bald kommen auch Jana und Tovo persönlich. Sie waren etwas essen. Das machen wir jetzt auch, nachdem wir geduscht und etwas Wäsche gewaschen haben. Jana und Tovo kommen auf ein Bier auch noch mal mit. Dann müssen wir uns um unsere Bolivien-Tour kümmern. Bei Pamela-Tours buchen wir eine 3-Tage-Tour über das Altiplano und den Uyuni-Salzsee nach Uyuni. Was uns bisher nicht aufgefallen war, ist, daß die Rückfahrt in den 70 US$ nicht enthalten ist. Diese kostet noch mal 30 Dollar extra. Wir beraten uns langwierig, worauf die Frau im Büro mit sich handeln läßt. Zum Schluß kostet die Rückfahrt 20 Dollar pro Nase. Wir werden handelseinig, wobei wir immer noch ein schlechtes Gefühl haben, daß wir viel Geld für eine minderwertige (passive) Akklimatisierung ausgegeben haben. Zum Schluß kaufen wir noch 5 l Wasser pro Person für unterwegs, das auch nicht inklusive ist. Ansonsten soll es Vollverpflegung geben. Die Nacht wird unangenehm, da ein paar Teenies auf dem Zeltplatz bis 4 Uhr morgens eine lautstarke Party feiern. Außerdem jagen sich die Hunde. Einer springt dabei auf Lothars Seite gegen mein Zelt, worauf dieser im Schlafsack stand. Außerdem hatte ich danach ein paar größere Löcher im Zelt.

07.03.02 San Pedro - Laguna Colorada

Wir haben zwar alle schlecht geschlafen, aber um 7 Uhr müssen wir raus. Wir packen unser Zeug zusammen, wobei wir für eventuelle Extratouren auch Schlafsack und Zelt mitnehmen. Ich begutachte die Löcher im Zelt - sie scheinen reparabel zu sein. Vor dem Reisebüro der Bolivianer treffen wir noch eine Berlinerin, die zusammen mit einem Amerikaner die gleiche Tour machen will. Ein Kleinbus kommt und fährt uns, nach den Ausreiseformalitäten noch in San Pedro, an die chilenisch/bolivianische Grenze. Auf dem Weg beobachten wir die mächtige Rauchfahne des Lascar, dem aktivsten Vulkan in der Gegend (etwa 60 km südöstlich von San Pedro). Die bolivianische Grenzstation ist neu gebaut - früher lag diese 300 km entfernt in Uyuni, unserem Zielort. An der Grenze steigen wir in Jeeps um. Das gestaltet sich etwas schwierig, da die Bolivianer ein Auto eingespart haben, weil zwei Mann kurz vorher von der Tour abgesprungen waren. Das bedeutet, daß einer von uns in einem anderen Jeep mitfahren muß. Die Rucksäcke werden auf das Autodach verladen, und ich erkläre mich bereit, bei einer Gruppe Franzosen mitzufahren. Sie haben auch einen Schweizer dabei, der deutsch spricht. Wir könnten ja auch mal wechseln. Am ersten Zwischenstop nach 10 km, der Laguna Blanca (4300 m), sind die anderen aber schon weg, da sie auch einige Zeit vorher gestartet waren. Nach einer halben Stunde treffen wir uns aber an der Laguna Verde, unterhalb des Vulkans Licancabur, den wir noch besteigen wollen. Matteo, unser Fahrer, erklärt uns, daß die Lagunen (nicht ganz eingetrocknete Salzseen) dadurch entstanden sind, daß Lavaströme Flüssen den Weg versperrt haben. Auf dem Weg übers Altiplano auf der bolivianischen Seite der Vulkankette sehen wir wieder den Putana, der aber weniger raucht als noch vor ein paar Tagen. An der nächsten Lagune mit einzelnen Flamingos und ein paar warmen Quellen mit Bademöglichkeit in 4400 m Höhe gibt es Mittag. Nachdem ich schon bei meinen Leuten gefuttert hatte (Brötchen mit Wurst, Gurke und Tomate sowie Ketchup, Senf und Mayonnaise) ruft mich auch Matteo noch mal zum Essen. Einer jungen Frau aus einer Gruppe Holländer geht es nicht gut; sie scheint erhebliche Probleme mit der Höhe zu haben. Bevor es weitergeht, nehme ich noch ein Fußbad in den Quellen (gute Badewannentemperatur). Wir fahren dann ein längeres Stück und überschreiten irgendwann die Mont-Blanc-Höhe. Als ich das den Franzosen erzähle, sind sie so begeistert, daß sie am höchsten Punkt der Piste (knapp 4900 m) noch mal halten lassen, um auf dem nächsten Hügel auch noch die „magische“ 4900-m-Grenze zu überschreiten. Matteo drückt auf Tempo, aber eigentlich besteht kein Grund zur Hektik. Die Höhenangabe auf meinem GPS-Gerät wird fotografiert, wo etwas von 4950 m steht. Dann geht es weiter in einen alten Vulkankrater mit ein paar Solfataren, den Michina-Geysiren. Hier scheint alles Geysir zu heißen, was irgendwie dampft. Im Gegensatz zu den Tatio-Geysiren, die sich gar nicht so weit westlich auf der anderen Seite der Vulkankette befinden, riecht es hier nach Schwefelwasserstoff.

Unser Tagesziel ist die Laguna Colorada in etwa 4300 m Höhe mit Unmengen von Flamingos und einer Herde Alpakas. Hier steht ein festes Barackenlager, wo wir übernachten werden. Matteo sucht erst mal eine Weile eine Unterkunft für die Franzosengruppe, die schließlich in einem neueren Gebäude unterkommt. Ich soll bei meinen Leuten schlafen, was aber nicht selbstverständlich ist, da die Schlafplätze nach Autos verteilt werden. Ich finde aber ein Bett im Nachbarraum meiner Gruppe bei den Holländern. Der jungen Frau mit den Höhenproblemen scheint es inzwischen etwas besser zu gehen. Vor dem Abendbrot machen wir zur Akklimatisierung noch einen kleinen Ausflug auf einen nahegelegenen Geröllbuckel. Eigentlich wollten wir noch auf einen 5000er, aber erstens reicht die Zeit nicht mehr und zweitens ist dort schon ein Gewitter aktiv. Zum Abendbrot gehe ich wieder zu den Franzosen. Es gibt Gemüsesuppe und Spaghetti sowie Coca-Tee (soll die Höhenanpassung verbessern). Draußen ist das Gewitter von den nahen Bergen inzwischen über die Lagune gezogen, und es regnet kräftig. Ich schreibe bei den Franzosen noch eine Weile Tagebuch bei Tee und gehe zu meiner Gruppe rüber, als der Regen nachgelassen hat. Inzwischen ist es stockfinster geworden, und meine Stirnlampe habe ich natürlich nicht mit. Ich orientiere mich an ein paar Fensterlichtern und finde den Weg ohne in irgendwelche der reichlich vorhandenen Löcher zu fallen. Die Socken hatte ich prophylaktisch ausgezogen, so daß es nichts ausmacht, daß ich in ein paar Pfützen trete. Die Leute sitzen noch im von außen zugänglichen Eßzimmer, das nur über geschicktes Traversieren trockenen Fußes erreichbar ist. Hier erfahre ich, daß in Bolivien eine andere Zeit gilt (MESZ-5 h). Das bedeutet, daß wir eine Stunde länger schlafen können. Als wir schlafen gehen, hat der Regen aufgehört, aber die Pfützen sind natürlich noch da und gestalten den Weg spannend. In der Nacht erkrankt eine weitere junge Frau aus der Holländergruppe (Schüttelfrost, Orientierungslosigkeit). Am nächsten Morgen geht es ihr wieder besser, aber in der Nacht machte es einen ziemlich dramatischen Eindruck.

08.03.02 Laguna Colorada - San Juan

Morgens um 5 Uhr bricht zum ersten Mal Unruhe aus, als eine Gruppe abreist. Für uns ist das Frühstück zwar erst um 7 Uhr angesetzt, aber ich weiß nicht, ob die Franzosen das mit der Zeitumstellung mitbekommen haben. Da ich sowieso nicht mehr schlafen kann, stehe ich auf und gehe rüber. Jetzt sehe ich, in welche Löcher ich am Abend vorher hätte fallen können. Tatsächlich sind die Franzosen eine Stunde zu früh aufgestanden. Das Frühstück ist zwar nicht so schnell fertig, aber so kommt es beim Start zu keinen weiteren Verzögerungen. Auf diese Weise sind wir die ersten, die losfahren. Ich sehe Lothar noch beim Zähneputzen. Erste Sehenswürdigkeit ist der Arbol de Piedra, eine bolivianische Ausgabe des Kelchsteins. Dieser Felspilz wird auch beklettert, wobei Matteo zum Abstieg technische Hilfestellung gibt, indem er den Jeep unter den Überhang fährt. Als wir wieder weiterfahren, kommt das nächste Auto an. Das ist heute das letzte mal vor dem Zielort, daß wir ein anderes Auto sehen. Nächste Höhepunkte sind eine Reihe von Lagunen (Honda, Hedionda und Cañapa) mit vielen Flamingos. Etwa 15 km vom Vulkan Ollague gibt es Mittag in alten Glutwolkenablagerungen (Gemüsereis mit Thunfisch und Tomaten-Gurken-Salat). Dann geht es runter auf etwa 3700 m, wo wir auf den Salar de Chiguana fahren. Eine Weile geht das auf dem schlammigen Salzsee auch ganz gut, bis uns das Benzin ausgeht. Das ist noch das kleinere Problem, da wir große Kanister auf dem Dach haben. Bald ist der Tank voll und der Vergaser entlüftet. Hinter uns türmen sich aber gewaltige Gewitterwolken auf. Dieser See bildet so etwas wie die Schlüsselstelle der Tour. Vor ein paar Tagen mußte eine andere Gruppe einen Tag Pause einlegen, bevor der See wieder befahrbar war.

Nach Passieren einer Militärstation überlegt Matteo, ob er auf den Schwellen einer Bahnlinie weiterfahren soll. Der einzige Zug in der Woche fährt donnerstags, und heute ist Freitag. Aber so ganz sicher ist er sich nicht, und so bleiben wir neben der Eisenbahn im Salzschlamm. Vielleicht hat der Zug ja Verspätung... Irgendwann passiert es dann, daß wir uns festfahren. Wir steigen alle aus, und Matteo löst das Problem mit Allradantrieb und Rückwärtsgang. Ein größeres Hindernis sind die ausgetrockneten Wasserläufe im See. Hier kann es sein, daß unter einer festen Kruste noch flüssiges Wasser existiert, in das der Jeep einbrechen kann. Der Bahndamm hat an diesen Stellen einfach eine Unterbrechung, ohne daß man für die Gleise eine extra Brücke gebaut hat. An einer solchen Stelle sondiert Matteo die Furtmöglichkeiten und wird zunehmend nervös. Das Gewitter kommt auch immer näher. Schließlich fährt er im Bogen an einer noch nicht getesteten Stelle durch die Rinne, die wir zu Fuß passieren. Im allgemeinen hat sich Matteo streng an die Fahrspuren gehalten, auch wenn sie tief waren. Alles geht gut, aber wir müssen das Manöver noch mal wiederholen. In einer Schlammpassage müssen wir noch mal raus. Jetzt fängt es auch an zu tröpfeln. Hoffentlich hilft in der flachen Landschaft der horizontale Blitzableiter nebenan (die Bahngleise). Mit den Benzinkanistern auf dem Dach ist der Blitzschutz im Auto auch zweifelhaft. Wir kommen aber gut durch und fahren im Gewitterregen durch die weniger kritischen Abschnitte des Salzsees. In San Juan de Rosario, unserem Etappenziel, ist es wieder trocken. Hier sind wir offenbar die ersten. Die anderen Jeeps kommen eine Dreiviertelstunde später. Sie sind alle über den Bahndamm gefahren. Spannend waren hierbei auch die Wasserläufe, nur daß die Autos hier, auf die Qualität der Schwellenverschraubung vertrauend, über die spartanischen Eisenbahnbrücken fahren mußten, die kaum breiter als die Spurbreite der Jeeps sind. Ich warte bei den Franzosen, bis Matteo kommt und wir das Dorf abklappern. Es gibt hier offenbar eine Vielzahl von Herbergen, und in einer finden wir dann auch meine Gruppe. Hier gibt es dann auch nach einigem Hin- und Her ein Bett für mich. Bei der Dorfbesichtigung zeigt sich, daß die Kinder sich im Weltgeschehen auskennen: Heimo und Lothar, die beide einen Vollbart tragen, werden zielsicher als Osama bin Laden identifiziert („dos!“, als gleich zwei!). Um 19 Uhr gehe ich dann wieder zu den Franzosen Abendbrot essen, obwohl das offenbar auch bei unserer Gruppe möglich gewesen wäre. Aber so komme ich zu einem Glas Rotwein. Wieder zurück bei unseren Leuten vereinbaren wir für morgen einen Treffpunkt in Uyuni, falls wir an verschiedenen Stellen abgesetzt werden sollten. Später trinken wir noch eine Flasche Bier (800 chilenische Pesos).

09.03.02 San Juan - Uyuni

In der Nacht wache ich auf, weil der Bettnachbar schnarcht und ich Kopfschmerzen habe. Letztere lassen sich mit einer Aspirin bekämpfen, und auch der Nachbar hört mit dem Schnarchen wieder auf. Kurz vor 7 Uhr stehe ich auf und gehe zu den Franzosen frühstücken. Heute geht es zwar nicht so flott voran wie gestern, kommen aber trotzdem noch zügig los. Bald erreichen wir die Randgebiete des 3700 m hoch gelegenen Salar de Uyuni, des größten Salzsees der Erde. Vor uns hat sich ein Jeep aus unserer Kolonne festgefahren. Hier gibt es noch mehr Schlamm als Salz. Matteo wählt eine andere Fahrlinie und hält 100 m entfernt an. Der Jeep steckt gründlich so fest, daß ihm auch Allradantrieb nichts nützt. Wir warten, bis der Jeep mit meinen Leuten kommt, der als einziger eine Seilwinde hat. Dieser zieht ihn dann relativ locker aus dem Schlamm. Dann geht es noch mal vom See raus auf das Ufer, wo die Autos für die Fahrt auf dem Salzsee präpariert werden. Mit Pflanzen wird der Motorraum so gut es geht verstopft, und vor die Stoßstange wird eine Plane als Spritzschutz gehängt. Auf einem Damm fahren über die ufernahen Bereiche auf den See hinaus, der hier im Altiplano-Winter nicht trocken ist. Der Damm ist bald zu Ende, und es geht ins Wasser. Es ist ein bißchen wie Schiffahrt mit dem Auto. Allerdings ist der See (zumindest auf unserer Fahrtroute) maximal 20 cm tief. Drei Franzosen fahren ein Stück auf dem Dach mit und sind hinterher gut versalzen und von der Sonne verbrannt. Kurz vor 12 Uhr erreichen wir über die nun trockenen See die Isla Incahuasi (Inkahäuschen) oder auch Isla Pescado (Fischinsel), eine kleine, etwa 60 m hohe Kalkinsel, die über und über mit Kakteen bewachsen ist. Wir kraxeln eine Weile herum, bevor es Mittag gibt - heute Brötchen mit Ei, Käse und wie immer Tomaten und Gurken. Dann brechen wir zur zweiten Etappe über den See auf. Insgesamt werden wir heute etwa 140 km auf dem See zurücklegen. Unser nächstes Ziel ist das Hotel de Sal, ein bis auf das Dach aus Salz erbautes Gebäude (oder mehrere). über dem See ist das Wetter noch schön, aber in Ufernähe tobt sich gerade ein Gewitter aus. Durch das Wasser von unten und oben ist die Sicht durch die Windschutzscheibe zeitweise gleich Null. Die größte Gefahr ist aber, gegen ein anderes Auto zu fahren. Außerdem haben wir Probleme mit dem Kühlwasser, das uns langsam ausgeht. Draußen gibt es zwar Wasser in Hülle und Fülle, aber nicht für den Kühler. Ein paar mal müssen wir halten, um die Kühlwassertemperatur sinken zu lassen. Trotz der Orientierungsprobleme - Matteo hat nicht mal einen Kompaß dabei - trifft er das Hotel de Sal ziemlich genau. Da es immer noch stark regnet, steigen wir aber nicht aus.

Bald darauf erreichen wir über einen Damm das Ufer und das Dorf Colchani, eine Kooperative, die vom Salzabbau lebt. Hier können wir wieder Kühlwasser fassen. Durch die Stadt Uyuni, das Ziel der Dreitagestour, fahren wir erst mal durch, um den hinter der Stadt gelegenen Eisenbahnfriedhof zu besichtigen. Die Stadt wollte aus diesen Resten des nahezu stillgelegten Eisenbahnverkehrs ein Museum gestalten, hat dazu aber kein Geld. Der Besuch fällt aber kurz aus, und bald sind wir wieder in der Stadt, wo die Franzosen in einem Hotel absteigen. Danach fährt mich Matteo zur Plaza, wo wir unseren Treffpunkt haben. Tovo sieht mich auch gleich, als er einkaufen gehen will. Das Büro unseres Reiseveranstalters ist auch gleich um die Ecke, wo wir erst mal unsere Rucksäcke unterstellen können. Hier klären wir auch unsere morgige Rückreise. Als die Mädels und Tovo vom Einkaufen zurückkommen, führt uns ein Mitarbeiter der Agentur zum Hotel „El Salvador“ an der zentralen Busstation. Dort lassen wir erst mal unsere Sachen und ziehen noch mal los, da wir uns mit dem Pärchen aus unserer Reisegruppe (der Berlinerin und dem Ami) zu einem Abschiedsessen verabredet hatten. Nach einigem Suchen an der Plaza entscheiden wir uns für ein etwas feineres Restaurant und probieren Lamasteaks (also wahrscheinlich Alpaka). Diese sind ziemlich lecker. Gegen 22 Uhr sind wir zurück im Hotel und gehen auch gleich schlafen, da wir morgen früh um 4 Uhr schon wieder aufstehen müssen.


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