Bericht Chile/Bolivien 2002, Teil 3

10.03.02 Uyuni - Laguna Blanca

Als wir sehr früh aufstehen, ist es im Hotel noch ruhig. Der Chef hatte uns gestern versprochen, auch so früh noch ein Frühstück zu machen. (8 Bs ohne und 10 Bs mit Ei - 7 Bolivianos = 1US$). Als ich in Flur und Frühstücksraum das Licht anmache wacht auch der Chef auf. Irgendwann klingelt es, und der Vertreter der Agentur kommt. Wir frühstücken mit und ohne Ei, und bald kommt auch unser Auto - wieder ein Toyota Landcruiser mit dem Fahrer Octavio, der der beste sei. Außerdem fährt noch seine Tochter (?) mit. Noch vor Sonnenaufgang geht es los - diesmal um den Salzsee herum. Wir wollen heute zur Touristenstation an der Laguna Blanca, etwa 10 km vor der chilenischen Grenze, um von dort aus den Licancabur zu besteigen. Wir fahren eine andere Strecke als hinzu, was aber auch nur dazu führt, daß der Schotter aus den Bergen und die Salzseen durch den Schlamm der tieferen Regionen ersetzt wird. Eine erste Pause nutzt Octavio, um hinten rechts noch mal Luft zu pumpen. Das hilft aber nicht lange, denn der Reifen läßt am Ventil hörbar Luft. Also steht eine größere Pause zum Reifenwechsel an. Außerdem soll ein Vorderrad nach hinten, da das Profil vom Ersatzrad nicht mehr so gut (wenn überhaupt vorhanden) ist. So zieht sich die Pause etwas hin. Eigentlich wollten wir am Nachmittag an der Laguna Blanca sein. Nach der Reifenpanne geht es weiter nach San Cristobal, wo wir eine erste Erholungspause einlegen. Dieses Dorf sieht im Gegensatz zu den anderen sehr schmuck aus - offenbar sind hier Fördermittel reingeflossen. Als wir weiterfahren, ist der Kuchen vom Dorfmarkt ausverkauft... Mittag gibt es in Villa Alota, wo wir in einer Art Dorfgemeinschaftsraum das mitgebrachte Essen verzehren. In den Bergen grummeln die ersten Gewitter. Schon der Regen der letzten Tage hat den Boden aufgeweicht und Octavios Fahrkünste gefordert. Hinter Villa Alota wird es dann kritisch. Nachdem es in einer Wasserrinne einen kleinen Schlag gegeben hatte, spritzen aus dem Kühler ein paar Wasserstrahlen. Octavio flickt den Kühler irgendwie mit Isolierband, während es anfängt zu regnen. Als es weitergeht, ist schon nach ein paar Kilometern wieder Schluß: Die Straße hat sich durch ein Gewitter in den nahen Bergen in einen kleinen Fluß verwandelt. Während der Wasserstrom langsam abnimmt, erkundet Octavio der Straßenzustand weiter oben. Er findet heraus, daß der Weg oben durch Unterspülung blockiert ist. Also müssen wir den Weg durch die Wasserrinnen wieder zurück, wo wir uns den Kühler beschädigt hatten. An den entscheidenden Stellen steigen wir aber aus, um den Jeep zu erleichtern. Der Wasserspiegel war durch den Regen schon gestiegen, so daß es kurzfristig so aussah, als ob wir in der Falle sitzen. Octavio wählt dann eine alternative Route. Inzwischen ist es aber schon später Nachmittag, und wir haben erst etwa die Hälfte der Wegstrecke zu unserm Ziel zurückgelegt. Unsere neue Route führt durch einen Lavastrom, in dem die Verwitterung die abenteuerlichsten Formen hat entstehen lassen. Die Pausen zwischendurch nutzen wir, um immer mal wieder die Sitzordnung zu wechseln, da es vor allem ganz hinten unbequem ist und penetrant nach Benzin riecht. Als es dunkel wird, fahren wir im trüben Licht der Autoscheinwerfer weiter. Wir diskutieren inzwischen über die Belastungsgrenze des Fahrers und schlagen vor, im Lager an der Laguna Colorada Station zu machen - wir sind jetzt auf der Strecke der Hinfahrt. An der Laguna sind wir etwa 22 Uhr. Eine Übernachtung würde 30-35 Bs kosten, und wird entscheiden uns weiterzufahren. Octavio scheint noch die Kondition dazu zu haben. Gegen 130 Uhr nachts sind wir dann tatsächlich am Ziel, womit wir (und natürlich vor allem Octavio) etwa 20 Stunden unterwegs waren. Die Touristenunterkunft hier an der Laguna Blanca steht fast leer (übernachtung: 20 Bs, Frühstück: 5 Bs). Als wir ausladen, regnet es leicht. Wir gehen auch gleich schlafen - zum Abendbrot hatten wir jeder noch ein trockenes Brötchen gegessen.

11.03.02 Laguna Blanca

Als ich morgens aufwache, habe ich leichte Kopfschmerzen und fühle mich auch sonst etwas krank. So richtig schlimm ist es nicht, aber ich werde die geplante Zweitagestour auf den Licancabur nicht mitmachen. Heike gibt mir eine Tablette; ansonsten werde ich mich an Vitamine halten, die in den letzten Tagen etwas kurz gekommen sind. Wir essen Frühstück in der Unterkunft, dann bereiten die anderen ihr Gepäck vor. Sie wollen heute zum Sattel zwischen dem Juriques (ca. 5700 m) und dem Licancabur (5916 m) und dann morgen den Licancabur selbst besteigen. Sie sind fast schon weg, als ein „Guide“ kommt und erzählt, daß man einen Bergführer anheuern muß und daß das Zelten im Sattel verboten ist (Reservat). Daraufhin werden die Pläne geändert, und heute nur eine Tagestour auf den Juriques gemacht. Dieser etwas ältere Vulkan ist sozusagen der Hausberg der Touristenstation. Das Gepäck wird entsprechend erleichtert, und kurz vor Mittag ziehen die Leute los. Der Licancabur ist dann morgen dran, und ich habe so auch noch eine Chance. Ich schlafe noch etwas und schreibe Tagebuch. Später am Nachmittag kommen Jana und Lothar zurück. Sie waren vorzeitig umgekehrt. Mein Fieber stagniert bei 37,5°C, sonst geht es mir besser. Am frühen Abend habe ich noch 37,1°C. Die Genesung schreitet also voran. Heike, Heimo und Tovo kommen kurz nach Sonnenuntergang zurück. Als Lothar und ich nach ihnen gucken gehen, sind sie schon am Bergfuß, nicht weit vom Lager weg. Jetzt fängt es an zu regnen, nachdem der Gipfel schon geraume Zeit in den Wolken steckt. Als wir Abendbrot machen, trifft noch eine Gruppe ein, die auch den Licancabur besteigen will. Wir werden gemeinsam gehen und so vielleicht auch Kosten sparen (25 US$ für den Bergführer und 20 US$ für den Jeep in den Sattel). Beim letzten Fiebermessen am Abend ist keine erhöhte Temperatur mehr feststellbar, also werde ich morgen mitkommen. Hoffentlich haben wir schönes Wetter.

12.03.02 Laguna Blanca - Licancabur - San Pedro

Um 330 Uhr klingelt der Wecker und kurz darauf gibt es Tee. Die Frühstücksbrötchen hatten wir schon am Vortag geschmiert. Aus der gestern angereisten Gruppe kommen nur drei Franzosen mit auf den Berg - die sie begleitenden Israelis wollen nicht mit hoch. Auf diese Weise passen wir alle in einen Jeep. Gegen halb 5 Uhr geht es los, und wir fahren zuerst an den Lagunen entlang und dann hoch in Richtung Sattel, wo wir ursprünglich zelten wollten. Nach 10 km werden wir bei etwa 4600 m (300 m über der Laguna) abgesetzt und laufen mit Makarios, unserem Bergführer, los. Am letzten Abend hat es bis hier herunter geschneit. 100 Höhenmeter weiter oben weist uns Makarios auf ein Paar Ruinen aus der Vor-Inkazeit hin. Es ist aber noch dunkel und nicht viel zu sehen. In gemächlichem Tempo geht es weiter, mit Makarios und den Franzosen vorneweg. Wir machen viele Pausen, kommen aber zumindest anfangs ganz gut voran. Bis zum Gipfel sind 1300 Höhenmeter zu steigen. Der Schnee vom Vortag ist gefroren und ganz gut begehbar. Von den Ruinen geht es dann zum Berg selbst. Wir steigen zuerst in einer Rinne auf und folgen dann der (orog.) linken Begrenzungsrippe. An einem größeren Block legt Makarios sein überflüssiges Gepäck ab und zieht seine Bergstiefel an. Er hat keinerlei Verpflegung mit. Bei 5400 m gibt es die ersten Probleme: Einem der Franzosen geht es nicht gut. Er klagt über Schwindelgefühle, wohl wegen mangelnder Akklimatisierung. Die Gruppe hat wohl eine ähnliche Tour zum Salar de Uyuni gemacht wie wir, allerdings haben wir fünf Übernachtungen in der Höhe mehr. Der Franzose kehrt auch bald um und will unten bei den Ruinen warten. Dann geht es weiter einen relativ guten Pfad über das Geröll hoch. Als es bei etwa 5600 m steiler wird, fällt auch ein zweiter Franzose zurück. Makarios fragt in die Runde nach unserem Befinden, weil jetzt noch mal Einsatz gefordert ist. Uns geht es gut. Heike und Jana lassen es langsamer angehen, kommen aber stetig voran und holen den zweiten Franzosen ein. Dieser geht jetzt nur noch ganz langsam und mit vielen Pausen. Olivier, der fitteste der Franzosen, läßt ihm auf einem Stein eine Trinkflasche und etwas Proviant zurück. Bald kehrt dieser aber auch um und steigt über eine Geröllrinne zum Pausenblock auf 5200 m ab. Die letzten paar hundert Höhenmeter zum Gipfel geht es relativ flott voran, und gegen halb 12 Uhr sind wir oben. Olivier hat die Ehre Frankreichs gerettet, aber so richtig gut geht es ihm auch nicht - oder liegt es doch nur an Heimos Gipfelwhiskey? Wir bleiben etwa eine Stunde am Gipfel (5916 m), fotografieren den Krater mit See und Büßereis. Heimo untersucht noch, ob eine andere Stelle des Kraterrandes höher ist, aber wie schon der Neigungsmesser an meinem Kompaß anzeigt, scheint das nicht der Fall zu sein. Von Chile ist wegen vieler Wolken nichts zu sehen, aber der Blick auf die bolivianische Seite mit der Laguna Verde/Laguna Blanca (hängen zusammen) ist grandios.

Wir essen noch etwas und machen Gipfelfotos mit Makarios und seiner Bolivienfahne, bevor wir über die Geröllrinne neben unserer Aufstiegsrippe absteigen. Nach etwa einer Stunde sind wir schon am Pausenblock, wo der zweite der Franzosen gewartet hat. Ich bin jetzt auch etwas fertig, nachdem es beim Aufstieg überraschend gut gegangen war. Heike, Heimo und Tovo haben nun in zwei Tagen zwei hohe 5000er bestiegen - mit zusammen 2500 Höhen- metern im Aufstieg. Nach insgesamt zwei Stunden haben wir die Ruinen unterm Sattel erreicht. Die Franzosen sind wieder zusammen, und im Windschatten eines größeren Blocks halten wir Siesta. Hier zwischen dem Juriques und dem Licancabur ist es recht zugig, und von Chile her ziehen immer wieder größere Wolken durch. Nach einer Weile steigen wir zum Wendepunkt des Jeeps von heute morgen ab. Dieser sollte schon 14 Uhr da sein, aber auch anderthalb Stunden später ist noch kein Auto da. Wir setzten unsere Siesta fort, bis Makarios zum Aufbruch bläst. Unten an der Laguna Verde waren zwar Autos durchgefahren, aber keines ist zu uns hochgekommen. Weiter unten wartet tatsächlich jemand auf uns. Es stellt sich heraus, daß es der Fahrer eines nicht geländegängigen Kleinbusses ist, der es mit seinem Fahrzeug nicht weiter geschafft hat. Weit haben wir aber nicht laufen müssen. Wir passen auch alle rein und fahren ins Lager an der Laguna Blanca, wobei der Unterboden des Kleinbusses arg zu leiden hat. Wir freuen uns schon auf einen gemütlichen Abend mit den Franzosen, als uns der Kleinbusfahrer einen Zettel mit unseren Namen zeigt. Er soll uns im Auftrag der bolivianischen Agentur abholen und nach San Pedro bringen, und das heute noch. Eigentlich hatten wir die Rückfahrt klar und deutlich für morgen vereinbart. Also packen wir schnell unser Zeug zusammen und bezahlen Herberge und Makarios. Dann geht es zurück nach Chile. Nach 10 Minuten sind wir an der Grenze, wo uns die Bolivianer noch mal 15 Bs als Ausreisegebühr abknöpfen. An der chilenischen Grenzstation vor San Pedro - nach nur noch 47 km Niemandsland - müssen wir unsere Rucksäcke rausräumen, können sie aber bald wieder einladen, nachdem man unsere schmutzigen Klamotten gesehen hat. Die Uhr müssen wir nicht umstellen, da die Sommerzeit in Chile zu Ende gegangen ist und wieder „normale“ Verhältnisse herrschen. In San Pedro steigen wir trotz der schlechten Erfahrungen vom letzten Mal wieder auf dem Campingplatz „Puritama“ ab, wobei es gerade gewittert und leicht regnet. Der Regen hört zwar bald wieder auf, aber in den Straßen stehen große Pfützen, und auch der Zeltplatz ist nicht so staubig wie vor unserer Bolivien-Tour. Offenbar ist in der letzten Zeit hier einiges an Niederschlägen heruntergekommen. Abends gehen wir noch mal chilenisch essen.

13.03.02 San Pedro

Heute lassen wir den Tag ruhig angehen. Die Nacht auf dem fast leeren Zeltplatz war auch erholsam. Morgen wollen wir dann nach Arica und weiter in den Lauca-Nationalpark fahren. Jetzt wird aber erst mal Wäsche gewaschen, nachdem das Wetter tagsüber wieder stabil sonnig ist. Auch in den Bergen scheint die Regenneigung abzunehmen. Wir sitzen bis in den Nachmittag auf dem Zeltplatz, essen Mittag aus eigenen Vorräten und unterhalten uns mit einer Chilenin, die auch auf dem Zeltplatz kampiert. Sie ist im Exil im Österreich aufgewachsen und tourt jetzt mit ihrer Freundin durch Südamerika. Sie hilft uns durch Dolmetschen, als zwei Leute ankommen und eine touristische Meinungsumfrage machen. Später am Nachmittag gehen wir noch einkaufen und besorgen Busfahrkarten für morgen nach Calama. Von dort aus soll es noch am selben Abend weiter nach Arica gehen. Heike, Heimo und Lothar besuchen das archäologische Museum, bevor wir einen Bummel durch den Souvenir-Markt machen. Das Benzinkaufen für die Kocher verschieben wir auf morgen. Zum Schluß gehen Heike und ich noch mal in ein Internetcafé, um unsere bisherigen Erfolge zu vermelden.

14.03.02 San Pedro - Calama

Gegen 8 Uhr stehen wir auf und machen Frühstück. Dann packen wir unsere Sachen zusammen. Die auf dem Zeltplatz deponierte Ausrüstung hatten wir schon gestern geholt. Heimo und ich besorgen noch an der Tankstelle im Ort das Kocherbenzin für die Tour zum Parinacota (6348 m). Ursprünglich wollten wir noch den benachbarten Pomerape (6222 m) und den nicht weit weg gelegenen Sajama (6542 m) besteigen, aber für alle drei Berge reicht die Zeit bei weitem nicht mehr. Hoffentlich ist das Wetter gut und der Altiplano-Winter zu Ende. Gegen 1130 Uhr fahren wir in einer reichlichen Stunde nach Calama. Der Bus hält dort gegenüber dem Büro von Tur-Bus, dem Unternehmen, mit dem wir weiter nach Arica fahren wollen. In der Schalterhalle gibt es einen Geldautomaten, der sogar ec-Karten annimmt. So können wir unsere Bargeldvorräte aufstocken, ohne die zur Neige gehenden Dollars weiter zu dezimieren. Heike kauft die Busfahrscheine mit Kreditkarte. Der Bus nach Arica ist fast voll, so daß wir nur ein paar ungünstige Plätze hinten bei der Toilette bekommen. Danach gehen wir in Zweiergrüppchen in die Stadt zum Mittagessen, während die anderen das Gepäck bewachen. Mit Heike leisten wir uns für 2500 Pesos ein Viergängemenü mit Salat, Suppe, Rindfleisch mit Kartoffelpüree und Obstsalat. Bis zum Abend halten wir die Stellung im Fahrkartenbüro, weil es sich hier gut sitzen läßt. Vor der Abfahrt müssen wir aber zum neuen Busterminal, das erst am 1.2.02 eröffnet worden ist. Vorher bummeln wir noch etwas durch Calama, wobei immer jemand beim Gepäck bleibt. Ich versuche, bei der Post meine beiden Postkarten loszuwerden. Briefmarken gibt es zwar nicht, aber eine Frankiermaschine. Gegen 20 Uhr setzten wir uns zum neuen Busterminal in Bewegung. Erst mal laufen wir in eine falsche Richtung, bevor wir die Strecke der Sammeltaxis finden. Wir schicken Heike schon mal mit den überzähligen Säcken (Eisenzeug und Bergstiefel) im Taxi vor und laufen hinterher. Das dauert zwar seine Zeit, aber der Bus soll auch erst 22:05 Uhr abfahren. Das neue Busterminal macht einen sauberen, aber etwas sterilen Eindruck. Es gibt Empanadas zum Abendbrot, wobei Heike auch einem völlig verängstigten kleinen Hund etwas abgibt. Der Bus läßt auf sich warten, aber mit 10 Minuten Verspätung geht es los. Aus irgendwelchen Gründen drehen wir eine Runde und kehren noch mal zum Busbahnhof zurück.

15.03.02 Arica - Lago Chungará

Als wir im Bus aufwachen, sind es noch etwa 40 km bis Arica. Abgesehen von grünen, oasenhaften Flecken in den Talsohlen ist alles vegetationslos. Das Frühstück im Bus ist wieder etwas spartanisch: eine Tüte Kekse und ein Becher Kaffee. Gegen 8 Uhr kommen wir auf dem Busbahnhof in Arica an. Wir wollen unser Gepäck erst mal hier lassen und zur Erkundung ausschwärmen. Heike ruft bei Delta Airlines in Santiago an, um unsere Rückflugtickets bestätigen zu lassen. Daraus wird ein Schwatz über die Berge, da sich herausstellt, daß der Delta-Angestellte auch Bergsteiger ist. Geplant war, daß wir eine Reiseagentur beauftragen, uns zum Parinacota-Basislager zu bringen und auch wieder abzuholen. Noch auf dem Busbahnhof spricht uns eine Frau an, die irgendwelche Beziehungen zu einem Taxiunternehmen hat, selbst aber mit dem Bus nach Bolivien fahren will. Die Vermittlung klappt, und um 11 Uhr kommt ein hinreichend großer Kleinbus. Philipe, der Fahrer, bringt uns zuerst zu einem nahegelegenen Supermercado, wo wir unsere Lebensmittel- und Wasservorräte aufstocken können. Da wir nicht wissen, inwieweit wir vor der Schneegrenze Trinkwasser finden, nehmen wir 50 l Wasser mit. Dann geht es los, und nach einer Polizeikontrolle von Fahrer und Fahrzeug verlassen wir Arica. Auch am Beginn der Strecke in den Lauca-Nationalpark wächst außerhalb der bewässerten Talsohlen nichts. Dafür sind alte Geoglyphen zu sehen. über eine serpentinenreiche Straße geht es hoch in Richtung Altiplano. An einer Hütte auf etwa 3000 m Höhe machen wir halt. Alexis, ein „Aussteiger“, hat sich hier niedergelassen und betreibt wohl eine Art Raststätte. Er versorgt sein Haus mit alternativer Energie (Wind, Sonne), was er uns stolz zeigt. Dann bewirtet er uns mit selbstgebackenem Brot und Cocatee. Vor der Hütte hat er einige Fels- und Erzbrocken liegen, die besonders unsere Geologen interessieren (Jana und Tovo). Jeder bekommt ein Stück der kupfer- und goldhaltigen Steine. Weiter oben verändert sich die Landschaft. Es wird zunehmend grüner, und es gibt wieder Wasserläufe. In der Nähe von Putre (3500 m) weiden sogar wieder Kühe. Bisher hatten wir nur Lamas gesehen. Schon von unten hatten wir intensive Quellbewölkung gesehen, und es regnet auch zeitweise leicht.

Als wir am Chungará-See in über 4500 m Höhe angekommen sind, sucht Philipe eine Abfahrt in Richtung Berg. Wir haben eine Skizze, aber die richtige Stelle ist nicht so ohne weiteres zu finden. In einer Hütte der Nationalparkwächter ist niemand zu finden außer einem Camper, der neben der Hütte zeltet. Schließlich setzt uns Philipe in der Nähe der Straße ab. Er will auch wieder runter, da er nicht akklimatisiert ist, und es ihm in dieser Höhe nicht so gut geht. Wir bauen unsere Zelte am Ufer des Sees auf. Der Bauernsohn vom nahegelegenen Hof, der gerade die Lamas von der Weide geholt hatte, kommt vorbei und bietet uns für morgen einen Jeep an (vom Papa?), der uns weiter nach oben bringen soll. Etwas später versuchen uns zwei Bolivianer, Mützen, Schals u.a. zu verkaufen. Die Gewitter haben sich verzogen, aber den Parinacota haben wir noch nicht sehen können.

16.03.02 Lago Chungará - Zwischenlager

Morgens ist schönes Wetter, und wir können zum ersten Mal unseren Berg sehen. Auf dem See tummelt sich jede Menge Wassergeflügel. Um 10 Uhr warten wir auf den versprochenen Jeep, der aber nicht kommt. Die Bauern-Familie scheint ausgeflogen zu sein. Wir warten dann nicht mehr lange und regeln die Sache zu Fuß. Heimo, Tovo, Lothar und ich gehen zu vor und erkunden einen Lagerplatz, von dem wir morgen zum Berg gelangen können. Die Idee, querfeldein zu laufen, erweist sich als nicht sehr erfolgreich. Also kehren wir wieder auf den Fahrweg zurück. Nach etwa 2 Stunden erreichen wir einen ganz guten Platz und bauen die Zelte neben dem Weg auf. In den Zelten sitzen wir noch einen kleinen Schauer aus, bevor wir zu den Mädels zurückkehren, um den Rest unseres großen Gepäcks zum Lagerplatz zu befördern. Auf dem zweiten Marsch zum Lager laufe ich Heimo hinterher, der eine Abkürzung sucht. Dieser Weg erweist sich aber als länger und führt über Geröllhänge und Wasserkanäle, die die Weide der Lamas bewässern. Am Ende erreichen wir wieder den alten Weg. Nach 2 Stunden sind aber auch wir am Zeltplatz. Nachts gibt es einen prachtvollen Sternenhimmel.

17.03.02 Zwischenlager – Hochlager Parinacota

Heute morgen ist das Wetter, wie bisher fast immer, schön und sonnig. Wir lassen uns Zeit beim Frühstück und beim Rucksackpacken. Wir wollen heute an den Parinacota heran und bis zur Schneegrenze aufsteigen, da dort Wasser zu vermuten ist. Vorher dürfte kaum etwas zu erwarten sein, da alles sofort im porösen Vulkangestein bzw. der Asche versickert. Wir verstecken ein paar Proviantvorräte und etwas Wasser in der Nähe des Lagers und machen uns gegen 1130 Uhr, also relativ spät, auf den Weg. Zuerst geht es einen Fahrweg aufwärts, dann müssen wir zwei alte Lavaströme überwinden. Das Wetter wird dabei schlechter, und es fängt an, etwas zu regnen. Ab und zu läßt sich auch Donnergrollen vernehmen. Besonders schlimm ist es aber nicht, es hat sich aber großräumig zugezogen. Nach Überwinden des zweiten Lavastroms gelangen wir in ebenes Gelände, das zum Vulkan führt. Auf 4900 m, kurz vor der Schneegrenze, finden wir einen ganz guten und geschützten Lagerplatz. Hier bauen wir unsere Zelte auf der Vulkanasche auf. Später machen wir bei schlechter Sicht noch eine optimistische Erkundungstour nach (flüssigem) Wasser. Bachläufe gibt es zwar, die aber wahrscheinlich nur bei größeren Unwettern aktiv sind. Also müssen wir Schnee schmelzen. Auf 5000 m treffen wir Heimo, der im Nebel noch weiter aufsteigt. Zusammen mit Lothar entdeckt er auf 5200 m einen Zeltplatz für ein Sturmlager, das uns den Anstieg zum Gipfel um 300 Höhenmeter verkürzen würde. Für das Abendbrot können wir auf relativ nassen Schnee zurückgreifen, der sich energiesparend zum Kochen bringen läßt. Da unsere Zelt- und Eßpartner (Heimo und Lothar) noch unterwegs sind, kochen diesmal Heike und ich zusammen. Nachts beruhigt sich das Wetter wieder, und nach Nebelauflösung bekommen wir einen klaren Sternenhimmel.

18.2. Hochlager Parinacota

Mit dem Aufstehen lassen wir uns wieder Zeit, da wir nur etwas Ausrüstung ins perspektivische Sturmlager schaffen und uns ansonsten nur die Anstiegsroute ansehen wollen. Das Schmelzen des heute morgen gefrorenen Schnees kostete uns etwa ein Drittel unserer Benzinvorräte. Da müssen wir uns jetzt etwas einfallen lassen, da wir noch eine Weile hier bleiben wollen. Vor dem Abmarsch füllen wir alle Behälter mit Schnee und stellen/hängen sie in die Sonne. Die Sonne spielt mit, nur über dem Gipfel des Parinacota bildet sich eine Wolkenkappe. Gegen 1030 Uhr starten wir mit leichtem Gepäck. Der Schnee ist jetzt leicht angetaut und gut begehbar. Am geplanten Lagerplatz auf 5200 m machen wir eine längere Pause. Die Sicht ist heute phantastisch. Wir können auf den Chungará-See und unseren ersten Lagerplatz blicken. Weiter im Süden raucht der Guallatiri. Ein Stück weiter steigen wir noch auf, bis klar wird, daß es keine weiteren Zeltmöglichkeiten gibt. Tovo und Heimo gehen noch ein kleines Stück höher, finden aber auch nur Platz für ein Zelt. Heute haben wir etwa 5400 m erreicht, bevor wir umkehren. Unten im Lager hat die Sonne ganze Arbeit geleistet und allen Schnee geschmolzen. Wir beschäftigen sie noch weiter, um weiter Brennstoff zu sparen, machen uns aber ansonsten einen ruhigen Nachmittag. Die Sonne scheint ausnahmsweise weiter - nur ein bißchen Wind kommt auf.


Teil 2
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